Stolperstein-Aktion

Vor dem Haupteingang unserer Schule liegt nun ein Stolperstein. Wir erinnern damit an unsere ehemalige jüdische Lehrerin Dr. Regina Barkan, die während der Zeit des Nationalsozialismus ermordet wurde.

Der Stolperstein wurde am Samstag, den 8. März 2025, um 14 Uhr während einer Gedenkfeier von dem Künstler Gunter Demnig persönlich verlegt. Die AG Schulgeschichte war in den Schulakten auf das Schicksal der damaligen Klassenlehrerin der 10a gestoßen und begann in den Archiven zu ihrem Leben zu recherchieren. Sie nahm anschließend Kontakt mit der Stolperstein-Initiative Charlottenburg auf, die für eine Verlegung verantwortlich ist. Danach hieß es erst einmal 'warten'. Ende Januar wurde der Termin für die Verlegung bekannt gegeben und Schüler*innen aus verschiedenen Stufen bereiteten den festlichen Akt vor.

Dr. Regina Barkan
(1880 - 1942)

Regina Barkan wird am 6. August 1880 in Königsberg geboren. Ihr Vater, Benjamin Barkan, ist Kaufmann und stammt aus der Region Vitebsk im heutigen Belarus. Von der Mutter, Bella Barkan, geborene Landau, ist nichts bekannt. Regina hat drei Geschwister: Ihr Bruder Elias ist drei Jahre jünger und übernimmt später das Familiengeschäft. Schwester Manja kommt 1885 zur Welt und wird Konzertsängerin, der jüngste Bruder, Samuel, wird auch Kaufmann.
Regina besucht die Luisenschule, absolviert das Lehrerinnenseminar und besteht die Prüfung für Volks- und höhere Mädchenschulen. Sie interessiert sich für Philosophie und moderne Sprachen, darf als Frau aber nur Gasthörerin an der Universität in Königsberg werden. Ein Semester lang geht sie nach Paris an die Sorbonne. Anschließend unterrichtet sie an unterschiedlichen Mädchenschulen und bildet sich in der modernen Reformpädagogik weiter.
1910 heiratet Regina Barkan den achtzehn Jahre älteren Arzt Max Blitzstein, fünf Jahre später wird die Ehe geschieden. Sie nimmt ihren Mädchennamen wieder an und stürzt sich in ihre Studien, erst in Berlin, dann in Königsberg.
Mit knapp 37 Jahren macht sie ihr Abitur, vier Jahre später das Staatsexamen in Philosophie, Französisch und Deutsch. 1923 promoviert Regina Barkan in Jena über den Machtbegriff in Nietzsches Philosophie zur Dr. phil.. Seine Denkansätze bleiben ihr Thema, auch in den folgenden Veröffentlichungen und Vorträgen. Ab 1926 arbeitet Regina Barkan wieder als Lehrerin, ab Februar 1929 an der Westendschule für Mädchen. Der Neubau - unser heutiges Schulgebäude - gilt im April 1929 als modernste Schule von Berlin. Ab April 1933 wird Regina Barkan als Jüdin offiziell beurlaubt und darf nur noch an jüdischen Schulen arbeiten. Sie bewirbt sich erfolglos in Paris, schaltet Inserate für Nachhilfeunterricht und bietet Vorträge an. Durch die immer rigider werdenden NS-Gesetze wird das ehemals gut gehende Königsberger Familiengeschäft 1939 zwangsabgewickelt und damit auch ihre wirtschaftliche Basis als Teilhaberin. Am Ende wohnt Regina Barkan bei dem Ehepaar Seemann im Siegmundshof 12. Sie ist einundsechzig Jahre alt. Zusammen mit ihnen muss sie in die Synagoge in der Levetzowstraße, die als Sammellager dient. Am Sonntag, den 25. Januar 1942 wird 1044 jüdischen Berlinern und Berlinerinnen von den Nazischergen morgens befohlen, acht Kilometer bis zum Bahnhof Grunewald zu marschieren. Am Gleis 17 wartet ein Güterzug nach Riga. Regina Barkan wird zu Nr. 121 der Transportliste. Transport 10 erreicht Riga nach fünf Tagen unter eisigen Temperaturen.
Vielleicht ist sie auf dem Weg erfroren oder wurde nach der Ankunft im Wald von Rumbula erschossen - Regina Barkan hat das NS-Regime nicht überlebt.

Programm

Eröffnung: Haschiwenu (Kanon),
Schüler*innen und Eltern der Chöre des Herder-Gymnasimus

Rede der Schulleiterin des Herder-Gymnasiums,
Karin Schallbruch

Rede der Vorsitzenden der Stolpersteininitiative Charlottenburg-Wilmersdorf,
Giesela Morel-Tiemann

Stolpersteinverlegung,
Gunter Demnig

Vorstellung der Biografie Regina Barkans,
Schüler*innen des Herder-Gymnasiums

Gemeinsames Lied Hevenu Shalom,
alle Anwesenden

Rede des Vorstands der Gesamtschüler*innenvertretung des Herder-Gymnasiums,
Juri Ciesinger

Psalm und Totengesang,
Gabriel Löwenheim, Kantor der Jüdischen Gemeinde Berlin

Schweigeminute,
alle Anwesenden

Blumenniederlegung,
alle Anwesenden

„Ich musste Deutschland verlassen, als ich fünf war, daher kannte ich meine Tante kaum,
außer dem, was mir meine Eltern in Chile erzählten. Ich war aufgeregt, als ich hörte, dass an der Schule, an der sie unterrichtet, ein Stolperstein errichtet werden sollte.“

Eva Barkan (91), Nichte von Regina Barkan
Im Februar 2025 in einem Grußwort aus Santiago de Chile

© 2025 Christoph Augenstein (Fotografien), © 2025 Iana Liapina (Plakat)

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